- Jun 6, 2025
🇩🇪 Sicherheit im Alltag - Vom Parkplatz bis zur U-Bahn
- Andreas Wagner
Ich schreibe diesen Artikel gerade als ich aus Dortmund zurück bin. Ich war dort, um ein neues Motorrad abzuholen – eine kleine Leidenschaft von mir. Die Strecke bin ich mit dem Zug gefahren. Öffentliche Verkehrsmittel sind für mich Alltag, weil ich für meine Seminare, Workshops und persönlichen Fortbildungen viel unterwegs bin. Auf diesen Wegen beobachte ich immer wieder ähnliche Verhaltensmuster:
Menschen steigen aus dem Auto, Handy in der Hand, Kopfhörer im Ohr, ganz bei sich – aber nicht bei dem, was um sie herum passiert. Damit bieten sie eine leichte Angriffsfläche.
Vom Parkplatz zur U-Bahn – das sind oft nur ein paar Minuten. Minuten, in denen du deinen Kopf noch bei der letzten Nachricht hast. In denen du vielleicht schon beim Meeting bist, aber nicht mehr ganz in deiner Umgebung. Und genau in dieser Routine liegt das Risiko. Nicht, weil der Ort gefährlich ist – sondern weil du in dem Moment nicht wirklich da bist.
„Sicherheit im Alltag beginnt nicht beim Angriff. Sie beginnt vorher.“
Mit deiner Haltung. Mit deiner Wahrnehmung. Mit den kleinen Entscheidungen, die du jeden Tag triffst – bewusst oder unbewusst.
In diesem Artikel zeige ich dir, wie du den Weg vom Auto zur U-Bahn so gehst, dass du nicht nur ankommst – sondern sicher ankommst. Schritt für Schritt. Ohne Panik. Aber mit Plan.
Der erste Schritt: Sicher parken
Du denkst vielleicht, Sicherheit beginnt erst, wenn du angegriffen wirst. Aber in Wahrheit beginnt sie schon in dem Moment, indem du dein Auto abstellst. Der falsche Parkplatz kann dich von Anfang an in eine schlechte Ausgangsposition bringen. Deshalb gilt:
Parke möglichst nah an Ausgängen, gut beleuchtet und einsehbar.
Rückwärts einparken, wenn möglich – das spart im Ernstfall Zeit und Nerven beim Einsteigen und Abfahren.
Meide Plätze neben großen Transportern, Hecken oder dunklen Mauern, die Sicht und Bewegungsfreiheit einschränken.
Und achte auf dein Umfeld, bevor du aussteigst: Wer steht da? Wer läuft vorbei? Ist jemand auffällig interessiert?
Abb. 1 Visualisierung eines Parkplatzes am Abend (ChatGPT, 2025).
Vermeide außerdem Ablenkung. Musik beim Einparken, Nachrichten schreiben oder erst noch etwas suchen – all das verschiebt deinen Fokus genau dann, wenn du wachsam sein solltest. Gerade an abgelegenen oder weniger frequentierten Orten bist du für einen Moment angreifbar – körperlich und situativ. Also: Schalte nicht ab, bevor du wirklich sicher bist.
Mini-Tipp
Fühle dich nie verpflichtet, einen unbequemen Parkplatz zu nehmen, nur weil er näher ist. Sicherheit ist oft nur ein paar Schritte entfernt – aber es sind Schritte, die du dir im Zweifel lieber selbst suchst, als dass dir jemand anders zu nahe kommt.
Auto verlassen – mit Plan, nicht im Tunnelblick
Sobald du dein Fahrzeug verlässt, verändert sich deine Situation. Du bewegst dich aus einem geschützten Raum heraus in einen öffentlichen Bereich – und bist sichtbar. Deshalb ist es sinnvoll, sich bereits vor dem Öffnen der Tür bewusst zu orientieren: Wie sieht die Umgebung aus? Ist jemand in deiner Nähe? Gibt es Ecken, hinter denen du niemanden sehen kannst?
Für diesen Moment gilt:
Schlüssel griffbereit, aber nicht verloren in der Tasche. So vermeidest du hektisches Suchen und kannst bei Bedarf schnell reagieren – auch zurück ins Auto.
Kurzer Rundumblick, nicht aufdringlich, sondern klar. Wer befindet sich gerade auf dem Parkplatz? Gibt es auffällige Bewegungen oder stehende Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe?
Taschen, Jacke oder Handy nicht direkt nach dem Aussteigen sortieren. Bewegung und Überblick haben jetzt Priorität. Alles andere kannst du erledigen, wenn du sicher weitergegangen bist.
Kopfhörer raus – Umgebung hören können. Das Gehör ist ein zentrales Orientierungssystem, das dir hilft, Unstimmigkeiten wahrzunehmen, bevor du sie siehst.
Tür abschließen – und direkt weitergehen. Bleib nicht zwischen zwei Handlungen stehen. Jede Verzögerung macht dich berechenbarer – dein Bewegungsfluss sollte klar und fokussiert bleiben.
Ich nehme immer wieder Situationen wahr, in denen Menschen beim Aussteigen gedanklich noch ganz woanders sind. Genau da entsteht ein Moment der Offenheit – im ungünstigen Sinne.
Ziel ist kein Misstrauen – sondern bewusste Präsenz. Denn wer bewusst handelt, gibt weniger Angriffsfläche – nicht durch Härte, sondern durch Klarheit.
Der Weg zur U-Bahn-Station
Nach dem Verlassen des Autos beginnt ein Abschnitt, den viele als reine Strecke wahrnehmen – ein paar Schritte über den Parkplatz, vorbei an Gebäuden oder durch Seitenstraßen bis zum Eingang der U-Bahn-Station. Doch genau in dieser scheinbaren Belanglosigkeit liegt eine der häufigsten Schwachstellen im Sicherheitsverhalten: Der Kopf ist oft schon beim Ziel, der Körper aber noch unterwegs. Und genau hier entstehen Lücken – in der Aufmerksamkeit, in der Körpersprache, in der Haltung. Dies zeigt auch die aktuelle Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS). 2024 gab es laut PKS 217.000 Raubüberfälle und 221.100 gefährliche und schwere Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, S. 24, 2025).
Wer den Weg zur Station mit Präsenz geht, erkennt sein Umfeld als das, was es ist: ein Raum mit Möglichkeiten – aber auch mit Risiken. Nicht jeder Schatten ist eine Gefahr, nicht jede Person eine Bedrohung. Aber wer das eigene Umfeld bewusst wahrnimmt, erkennt schneller, wenn etwas nicht passt. Die Art, wie jemand geht, stehen bleibt, dich überholt oder beobachtet, erzählt oft mehr als Worte.
Eine zu enge Nähe zu Hauswänden, Hecken oder geparkten Autos schränkt das eigene Blickfeld ein und gibt anderen Deckung. Gleichzeitig kann die Wahl des Weges schon viel über Kontrolle und Sicherheit entscheiden. Lichtverhältnisse, Sichtachsen, Ausweichmöglichkeiten – sie alle sind Teil der Route, auch wenn sie im Alltag leicht übersehen werden.
Es ist kein Zeichen von Angst, gelegentlich über die Schulter zu schauen oder spiegelnde Flächen zu nutzen, um einen besseren Überblick zu gewinnen. Es ist ein Zeichen von Klarheit – und diese beginnt nicht im Moment der Bedrohung, sondern im Moment der Bewegung.
Wer sich wach durch diesen Abschnitt bewegt, legt den Grundstein für alles, was danach kommt: für den Moment des Wartens, für den Einstieg in die Bahn, für den Umgang mit der Situation, wenn etwas Ungeplantes passiert.
An der Station: Präsenz zeigen
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Ein leerer Bahnsteig bei Dämmerung. Eine einzelne Gestalt unter der Neonröhre. Schritte im Hintergrund, unklar, ob kommend oder gehend. Es ist dieser Moment zwischen Bewegung und Stillstand – und genau hier entscheidet sich, wie sicher du dich fühlst.
Abb. 2 Visualisierung einer U-Bahn-Station am Abend – Umgebungssituation beim Warten auf den Zug (ChatGPT, 2025).
Warten ist keine neutrale Handlung. Es ist ein Zustand zwischen Ziel und Aufbruch. Viele nehmen diesen Moment zum „Abschalten“ – scrollen durch Nachrichten, schreiben Sprachnachrichten, setzen die Kopfhörer auf. Doch genau jetzt ist dein Umfeld in Bewegung. Menschen kommen, bleiben stehen, beobachten. Nicht jeder mit böser Absicht – aber du weißt es eben nicht.
In solchen Situationen zählt nicht, ob du stark bist – sondern ob du da bist. Präsenz heißt nicht, dass du dich besonders verhältst. Es heißt, dass du nicht unsichtbar wirst.
Wie du stehst, wie du atmest, wo du hinsiehst – all das sendet Signale. Kein Schauspiel, sondern Haltung. Und Haltung beginnt bei der Entscheidung, sich nicht komplett abzuschalten, nur weil man wartet.
Es ist kein Problem, auf das Handy zu schauen. Es wird nur dann eines, wenn du damit alles andere ausblendest. Halte den Kopf oben. Nimm wahr, wer sich bewegt. Und vor allem: Vertraue auf dein Gefühl. Wenn dir eine Situation nicht passt, bist du nicht verpflichtet, sie auszuhalten. Du darfst Abstand schaffen. Du darfst auch mal den Wagen wechseln oder bewusst stehen bleiben, während andere drängeln.
Ein öffentlicher Ort verlangt keine Angst – aber Wachsamkeit.
Denn was wie Routine wirkt, ist für andere manchmal Gelegenheit. Präsenz ist der Moment, in dem du nicht kontrolliert wirst, sondern Kontrolle wahrnimmst.
3 Praxistipps für dich:
Wähle deinen Standort mit Bedacht
Nimm dein Umfeld wahr
Hände frei, Ohren offen
Warten heißt nicht, passiv zu sein. Es ist ein Übergang – und jeder Übergang lässt sich bewusst gestalten. Präsenz schützt nicht vor allem. Aber sie verändert, wie du wahrgenommen wirst – und wie früh du erkennst, wenn etwas nicht stimmt.
Einsteigen: Haltung entscheidet
Der Zug fährt ein. Die Tür öffnet sich. Für einen Moment verändert sich der Raum – alles bewegt sich gleichzeitig. Menschen steigen aus, andere drängen hinein, du nimmst deinen Platz im Strom der Bewegung ein. Es ist ein kurzer, aber entscheidender Moment.
Wer jetzt die Umgebung klar wahrnimmt, gewinnt Zeit und Orientierung. Nicht durch Hektik, sondern durch bewusste Haltung. Achte auf dein Tempo, auf den Blick, den du gibst oder empfängst. Nimm wahr, wie Menschen sich verhalten – nicht als Misstrauen, sondern als Übung in Aufmerksamkeit.
Wenn du einsteigst, ist es hilfreich, den Kopf zu heben – nicht nur, um deinen Platz zu finden, sondern um ansprechbar zu bleiben. Wer den Blick senkt, den Körper einzieht und sich schnell in die Ecke drückt, signalisiert Rückzug. Wer dagegen ruhig, aber klar eintritt, wirkt präsent und weniger greifbar.
Der Moment des Einstiegs ist auch der Übergang in einen neuen Raum. Und dieser Raum – ob leer oder voll – ist ein gemeinsamer. Deine Haltung prägt, wie du ihn wahrnimmst und wie du in ihm wahrgenommen wirst.
Präsenz statt Panik – dein Weg, dein Schutz
Sicherheit im Alltag beginnt nicht mit dem Ernstfall. Sie beginnt mit Entscheidungen: Wo parke ich? Wie verlasse ich mein Auto? Wohin geht mein Blick auf dem Weg zur Station? Bin ich nur unterwegs – oder auch bei mir? Dieser Artikel ist kein Aufruf zur Angst. Er ist ein Plädoyer für Achtsamkeit. Denn echte Sicherheit entsteht nicht durch Technik allein, sondern durch Klarheit – im Verhalten, in der Wahrnehmung und im Handeln. Du musst kein Profi sein. Aber du kannst vorbereitet sein. Mit offenen Augen, ruhiger Präsenz und dem Wissen, dass du deinen Alltag aktiv mit gestalten kannst – auch auf den scheinbar harmlosen Wegen zwischen Parkplatz und Bahnsteig.
Quellen
Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (2025). Polizeiliche Kriminalstatistik 2024. Ausgewählte Zahlen im Überblick. PKS 2024 V 2.0. IMK Bremen 2025.
ChatGPT (2025): Generiertes Bild einer U-Bahn-Station bei Nacht. Erstellt mit OpenAI DALL·E am 24. April 2025.
ChatGPT (2025): Generiertes Bild eines schlecht ausgeleuchteten Parkplatzes mit mehreren Fahrzeugen bei Nacht. Erstellt mit OpenAI DALL·E am 24. April 2025.